Kann es denn überhaupt Landfriedensbruch gewesen sein? Diese Frage wirft Verteidigerin Öz am Ende dieses ersten Verhandlungstages heute im Biberacher Amtsgericht auf. Schließlich hätte ja Jürgen Trittin (damals MdB Grüne) ohne Probleme in die Stadthalle kommen können. Er war zum politischen Aschermittwoch 2024 vom Hotel aus zu Fuß in die Biberacher Stadthalle gelaufen, ohne behindert worden zu sein. Und wenn der grüne Bundestagsabgeordnete damals die Stadthalle einfach so erreichen konnte, kann es ja offenbar keine vollständige Blockade durch die Demonstranten gegeben haben und damit sei auch der Vorwurf an ihren Mandaten, Landfriedensbruch begangen zu haben, wohl nichtig. Schließlich forderte Rechtsanwältin Öz, Jürgen Trittin als Zeugen aufzurufen bzw. zu laden, um das zu klären. Die Staatsanwaltschaft hat sich nun ausbedungen darüber nachzudenken und will nach Ablauf von 7 Tagen entscheiden, ob Trittin tatsächlich zur Fortsetzung der Verhandlung am 20.5. geladen wird.

In der Tat war dieser Prozess bislang einer der interessantesten: Ursprünglich war Johannes B. – Landwirt aus der Ulmer Gegend – vorgeworfen worden, einen Polizisten mit einem Tritt in dessen Genitalbereich verletzt zu haben. Ein entsprechender Strafantrag wegen Körperverletzung lag vor. Allerdings konnten weder die drei Zeugen, der Betroffene und zwei Polizeikollegen, noch die Videovorführungen, das letztlich belegen oder beweisen. Der Verletzte konnte sich auf den Videos sogar selbst nicht wirklich an der besagten Filmstelle wiederfinden, und zog dann schließlich seinen Strafantrag wegen Körperverletzung gegenüber Johannes B. zurück. Richterin Borst unterbrach in der Folge die Sitzung und will sie am 20.5. fortsetzen. Weitere Polizisten, die in den Beweisvideos zu sehen sind, sollen dann als Zeugen aufgerufen werden.

Leicht irritierend wurde eine Stellungnahme von Rechtsanwältin Öz zu Beginn der Anklage zur Kenntnis genommen. Ihr Hinweis, die Demonstration zum politischen Aschermittwoch der Grünen 2024 sei eine ganz normale Protestaktion gewesen und ihr Mandant habe nur sein Recht auf Meinungsäußerung wahrgenommen und dieser Prozess – ausgerechnet am Befreiungstag der Deutschen durch die Alliierten – sei an so einem historischen Tag doch bedenkenswert, führte zumindest zu hochgezogenen Augenbrauen einiger Anwesender.