Heute: 21. Nov, 2024

Mutig? Oder unerträglich? Reset – Wie lang willst du zuschauen? ZDF Serienkritik.

von
vor 8 Monaten

Katja Riemann und Hannah Schiller sind die Hauptdarstellerinnen in der ZDF Miniserie „Reset – Wie weit willst du gehen?“. In der Mediathek zu sehen und im ZDF gerade extrem beworben. Hier geht es zur homepage mit sehr viel background.

6 x rund 45 Minuten mit einem Hauch von Science Fiction. Eine Tochter stirbt (Schiller in der Serie 15. in echt 24 Jahre alt) und Mutter reist in die Vergangenheit um das zu verhindern.. Klingt im ersten Moment sehr interessant und ein bisschen nach einer Mischung von „Zurück in die Zukunft“ und „Täglich grüßt das Murmeltier“. Doch so ganz stimmt das nicht. Was im ersten Augenblick nach guter Unterhaltung klingt wird sehr schnell zum Sozialdrama urdeutscher Fernsehkultur.

Das eigentliche Thema ist Depression und drohender Suizid. Harte Kost und nicht ungefährlich. Das weiß man auch beim ZDF und im Abspann jeder Folge wird dann auch gleich eine ganze Reihe von Kontaktdaten und Adressen angegeben wo man  als Betroffene(r) Hilfe finden kann. Bekannt ist, dass das Thema selbst zur Nachahmung verleiten kann. Nun kann man die Serie natürlich mutig finden und bis zu einem gewissen Grad stimmt das vielleicht auch.

Allerdings muss die Frage erlaubt sein, was das soll? Für wen ist das gedacht? Ist das eine Unterhaltungsserie für den „gesunden“ Zuschauer, der Ursachen und Hilfestellungen erfahren kann? Oder ist das für den Betroffenen? Schwierig. Ist dieses Thema Stoff für die Primetime (also für die ganze Familie, ab 20:15 h) und wirklich „unterhaltsam“? Was will die Redaktion erreichen? Reihenweise erscheint der erhobene Zeigefinger und der Zuschauer nimmt mit:

  • Erfolg ist nicht alles
  • Vernachlässige nicht die Familie / deine Partner / deine Kinder
  • Höre den Anderen gut zu
  • Egoismus ist keine Basis für Beziehungen

Heere Ansätze ohne Zweifel, insgesamt aber doch sehr plump. Die Charakterzeichnung ist voller Klischees und auch wenn Riemann und Schiller ihre Rollen durchaus gut spielen kann das platte Drehbuch oft nicht überzeugen. Riemann ist eine erfolgreiche TV Influencer Morning-Show Frauenpower Moderatorin. Äh – ja. Richtig gelesen. War sie nicht auch noch Astronautinnenanwärterin, Veganerin und Präsidentin des internationalen Frauenfußballvereins? Nein natürlich nicht. Aber bitte: Eine super erfolgreiche Morning Show nur für Frauen – im Internet und TV – genaues wird nicht wirklich erklärt, nur dass es sie 10 Jahre gibt – lokal – offenbar in Berlin… Wichtig: Riemann ist als Moderatorin super erfolgreich und ein wenig rücksichtslos und deshalb nur bedingt familientauglich – will aber nur das Beste.

Dann tötet sich die Tochter – übrigens dargestellt als extrem „verzogen“, „rotzig“ und mit einem Faible für „gewalttätige männliche Freunde“.  Mitten in die Trauer bekommt Mutter Riemann den Tipp – man könne per Zeitreise das ungeschehen machen. Sozusagen per APP. – Jetzt bitte nicht lachen. Dann tauchen zwei Männer auf, nach der Zeitreisebuchung per APP und mittels Lieferwagen geht es zurück – wahlweise 3 Monate, 10 Monate oder gar länger. Viel mehr will ich zum Inhalt gar nicht schreiben. Nur soviel noch: Alles was da klassisch an Problemen auftauchen könnte wird nicht mal ansatzweise erklärt oder behandelt: Zeitreiseparadoxe wie doppelte Anwesenheit, Auslöschung von Vorbedingungen und ihre Auswirkungen oder – ganz simpel – Alterung. Denn nicht zuletzt ist Riemann – wenn sie zehn Jahre in die Vergangenheit geht genauso alt wie vorher… Jo, da kriegt jeder Science Fiction Fan die Krise.

Kurzum dieses ganze Zeitreisegedöns ist nur Vehikel. Ähnlich wie beim Oderbruch und den Vampiren (Miniserie ZDF, wir hatten darüber berichtet). Das ZDF hat offenbar zur Zeit eine Vorliebe besonders andersartige Themen in seine Serien einzubauen um auch Randgruppen als Zuschauer zu akquirieren. Die Kameraführung ist reichlich eng und die genutzten Brennweiten und Kadrierungen sind typisch deutsch: Raum und Stil sind weder besonders originell noch beeindruckend.

Am schlimmsten ist das Ende der Miniserie, da greifen wir dann nochmal ganz tief in unsere Klischee und Dramakiste – Folge 6 musste wohl nochmal ein „Gefühlshighlight“ beinhalten. Wenigstens wird dem Zuschauer ganz am Schluss noch etwas Interpretationsfreiraum gelassen. Alles in allem nicht zu empfehlen und vor allem auch für empfindliche Gemüter eher gefährlich. Eine Miniserie für Voyeure? Den Eindruck könnte man bekommen.  

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